Donnerstag, 3. Januar 2013

Den Store Styrkeprøven - Mit dem Fahrrad auf der Autobahn. / Trondheim-Oslo / Norwegen / 2006 (Teil 2)

Die Strecke zwischen Dombaas und Lillehammer ist angenehm huegelig, fast Flach vom Fahrgefuehl. Immer wieder schliessen wir uns Gruppen an und immer wieder draengt AB, dass wir alleine fahren, weil er die Fuehrungsarbeit nicht durchhalten kann und auch Angst davor hat. Ich bleibe bei AB. AB meint dann irgendwann, dass wir, weil wir so langsam sind, viel mehr von der Tour haben und fuer unser Geld und ausserdem essen wir so viel wie moeglich in den Depots, das finde ich lustig. Das Wetter ist weitgehend trocken, nur auf dem Berg beim See hatte es etwas geregnet, doch war lange nicht genug um Spritzer vom Laufrad aus zu erzeugen. Wir rollen. Ploetzlich faengt AB, jede 10 Km pinkeln zu muessen... (!) Ich verstehe es nicht. Spaeter werde ich mich gedanken machen; AB hat dieses Jahr nicht wirklich trainiert und anstatt dessen mit dem Hund laufen gegangen, nach eigenen Angaben bis etwa 20 Km Laufen, wobei immer wieder muss gestoppt werden, weil der Hund doch pinkeln muss, und ich denke nun, dass dieses Training den AB jetzt dazu zwingt, jede 10 Km zu stooppen um zu pinkeln. Aus Hundesicht vielleicht auch, um "Duftmarken" zu hinterlassen. In Wirklichkeit ist dieses Benehmen auf einem "Experiment" zurueckzufuehren; AB hat eine Salztablette geschluckt, wie auch immer, anscheinend muss er jetzt staendig Wasser lassen. Das ist eigentlich sehr nervig und bremst uns ungemein. Bei jede Pinkelpause werden wir von Scharen Radfahrer ... nicht ueberholt sondern einfach an uns vorbeigefahren. Doch ich merke, dass es den AB schlecht geht, hat keine Kraft; ich mache viel Fuehrungsarbeit. Wir planen in Lillehammer zu schlafen (Km 350 in etwa), bedingt durch das langsame Vorwaertskommen wird es spaeter und spaeter. Ich habe eigentlich vor, um 4 Uhr weiterzufahren, da ich innerhalb 28 Stunden am Ziel ankommen moechte, sage den AB nichts, sonst wuerde es zu langen Diskussionen kommen ohne Ergebnisse. Zuerst dachte ich, dass wir kurz vor 23 Uhr in Lillehammer ankommen wuerden, dann dachte ich 24, wir sind am Ende kurz vor 2 Uhr morgens angekommen. Ueberholt wurden wir immer wieder und nie sind wir in einer Gruppe gefahren, AB wollte nicht. In Lillehammer legen wir uns gleich auf 2 "Betten" und, so wie ich liege und die Augen zu mache fuehle ein angenehmes Schwindelgefuehl, einfach Entspannung und schlafe irgendwie gleich ein. Neben uns wird ein junger Mann in der Bare wegtransportiert, er war am Ende. Doch nach einer Stunde wache ich auf; ich friere, ich zittere. OK, meine Klamotten waren klitschenass und ich habe nur die Regenjacke ausgezogen und zum Trocknen gehaengt, sonst das langarmige und das warme Trikot behielt ich an, doch beide waren mit Schweiss durchtraenkt... ich glaube die Kaelte ist mir in die Knochen gekrochen und ich zittere, unmoeglich weiterschlafen. Ich habe etwa 75 Minuten geschlafen und jetzt leide ich, gehe draussen zum Pinkeln und ich zittere dermassen dass ich kaum stehen kann. Ich weiss nicht ob dass einfach normal ist oder ob etwas nicht in Ordnung ist, fuehle mich aber ansonsten i.O. Trinke eine Tasse Kaffee und 1,5 Tassen Tomatensuppe, schon recht bald zittere ich nicht mehr. Also nichts Schlimmes. AB schlaeft seelenruhig in seinem (warmen?) Bett und ich packe meine Sachen, nehme ein Kaesebrot und fahre los, das Kaesebrot verdruecke ich irgendwie im Magen. Es ist kurz vor 4 Uhr morgens und es ist gut hell. Wenige Radfahrer auf den Strassen, ich ueberhole einige wenige. Nur noch 180, 160, 140, 120 Km. Es ist sehr huegelig und ich muss oefters sehr stark antreten. Es ist eher frisch, doch mir wird warm und fahre sehr gerne mit geoeffneter Jacke und Trikots, alle beide, so dass die Luft mir direkt in die Brust pustet, das erfrischt mich und es ist angenehm. Am Depot aber, sobald ich laenger als 3 minuten stehe wird mir sehr kalt, schon wieder fast vor dem Zittern. Esse eine Banane und tanke Wasser, sonst esse ich unterwegs Muesliriegel, somit kann ich die Stopps kurz halten. Doch bedingt durch die Huegelige Landschaft werde ich nicht schnell, es kostet immer wieder Kraft die Huegel hoch zu klettern. Beim 2 Depot nach Lillehammer (LH) ist nur Banane, Apfelsine und Kaffe (warm) jedoch ohne Zucker oder gar Milch zu haben. Ich esse nur 1 Apfelsine und tanke Wasser. Ein Radfahrer hatte eine Decke um sich umgewickelt und trank Kaffee, lange Zeit.. Ich fahre gleich wieder los. Ich ueberhole immer wieder Leute. Auch sehe ich, und bin erstaunt, wie einer auf seinem Motorrad schlaeft; die Fuesse auf dem gepaeck, der Kopf am Lenker, wo eine Art Kopfkissen vorhanden sein muss, sollte er sich bewegen / drehen, dann kippt er vom Motorrad um, sieht schon witzig aus! Bei Km 85 vor Ziel ueberhole ich Peter; ich wundere mich, dass er immer noch unterwegs ist, denke aber, dass er in der 2 Naechten, die dazwischen liegen, doch geschlafen haben muss, sonst waere sein Schnitt auch sehr, sehr niedrig und wuerde die Strecke gar nicht schaffen in der vorgeschriebenen Zeit. Es hat (endlich) etwas mehr geregnet und ich werde leicht nass, zum Glueck aber bleiben die Fuesse trocken.
Hier wird die Strecke ziemlich huegelig, die Steigungen sind echt giftig und ich muss immer wieder im langsamsten Gang fahren und ist mir trotzdem sehr anstrengend. Hier faengt eigentlich die echte "Staerkeprobe". Die Muskeln wollen schon seit langem nicht mehr, nur der Kopf sagt "weiter, weiter!". Es sind nur noch 60 Km zum Ziel... "nur". Es ist sehr schwer hier ein klarer Gedanke zu haben: 60, 50 Km koennen wenig sein und gleichzeitig so viel, man spielt die ganze Zeit mit dem Gedanken des Aufgebens, Warum tut man sich so etwas an? Sinn? Zweck? Diese Steigungen sind jenseits von Gut und Boese, wenn ich einen Sinn suche, wuerde ich aufgeben. Vorletzten Stopp, Mermeladenbrot! 3 Stueck gegessen. Lecker! Wasser tanken, weiterfahren. Unterwegs esse ich oefters die Power-Gels. Am Ende scheinen sie auch nicht mehr zu wirken. Das Mermeladenbrot hat aber meien Hunger beseitigt, bis zum Ziel zumindest. Die Sonne scheint wieder kraeftig und ich ziehe meine Regenjacke aus (nutze auch als Windjacke gerne). Es ist Knallhart diese Strecke zu fahren. Da ich genug Wasser habe stoppe ich nicht am letzten Depot (40 Km vor Ziel) und fahre einfach weiter. Bei Km 18 vor Ziel werden wir (wieder) auf der Autobahn gefuehrt zu einer ganz miesen langgestreckten Steigung, die man kaum als Steigung wahrnahm, nur dass wir nur im langsamsten Gang treten konnten. Dann geht es bergab und wieder bergan... na wie eigentlich die letzten 60 Km! Vor dem Ziel bergauf. Angekommen. Transponder weg, Medaillie bekommen und ein Trikot. Bin muede, fuehle weder viel freude oder sonstwas. Ich weiss nicht was mit AB ist.. aufgegeben? Kommt in 2 Minuten? Nur ueberholen hat er nicht getan, ich haette es ihm zugetraut...
Nun sammle ich meine Sachen (vom LKW transportiert) und gehe duschen.
OK, ich bin "finisher", wie man auf Neudeutsch so schoen sagt...



Epilog:
In der Dusche treffe ich noch einige der langsamen Gruppe. Sie haben nicht 24 Stunden sondern etwa 28 Stunden gebraucht, allerdings ohne nennenswerten Pausen, kein Schlaf. Es wird behauptet, das der Profesor die Gruppe abgebremst hat, da er am Berg gar nicht hochkam. Einer erzaehlt mir, dass er bei der letzten langen Steigung an der Autobahn ab Km 18 vor Ziel gehaeult hat. Einen anderen sagt, ihm waeren die Traenen aus den Augen gesprungen bei einigen Steigungen. Ich fette mich ein bisschen ein, meine Lippen vor allem sind sehr stark strapaziert (erst am Mittwoch werden sie wieder brauchbar sein). Gehe zum Bus und freue mich schon seit Langem auf eine Cola. Dort werde ich von dem "Clown" angemacht, dass ich sofort mein Fahrrad Vorderradlos machen soll. Auch GF und GH (GH ist dabei der coolste) draengen mich. AF soll unterwegs sein und Leute zum Flughafen bringen. Scheint alles sehr chaotisch und die fehlenden Radfahrer werden einfach vergessen, wer nicht ankommt (gem. die Angaben von AF am Freitag bei der Lagebesprechung) soll sehen, wie er alleine klar kommt. Ich sage nichts aber beobachte das Treiben aufmerksam. Trinke meine Cola und wir fahren zum Bahnhof, wo mir klar wird, als ich die Raeder stehen sehe und das Gepaeck, wo das Problem liegt. Ich hatte schon am Mittwochs beim Auspacken mir gedanken gemacht, wie es ueberhaupt geplant war, alles innerhalb 2 Stunden am Sonntag (jetzt) einzupacken. Noch ist Waldtraut und Rolf und Chris da und helfen, aber um 16 Uhr fahren sie mit der Bahn weg. Der Bus steht auch unguenstigerweise genau dort, wo sonst die Polizei ihr Stammparkplatz hat. Wir werden von einer Frau des Bahnhofs darauf aufmerksam gemacht, doch es ist jetzt auch unter dem Zeitdruck unmoeglich das ganze mit Fahrraeder zu bewegen. AB schickt eine sms und ich rufe zurueck, er sol zum Bahnhof kommen, notfalls mit einer Taxi. Er protestiert und ich sage, ich wuerde die Taxi bezahlen. Als die Bahnfahrer weg sind, machen GH und ich weiter. Dazu muss man wissen, dass bedingt dadurch, dass AB am Freitag mit dem Flieger spaeter angekommen ist, die Lagebesprechung nicht mitgemacht hat und der AF hat offensichtlich vergessen ihm klar zu machen das Problem mit der knappen Zeit und das sogenannte "Zeitkorridor". Die Zeit vergeht. AB kommt. Ploetzlich fangt AB zu fragen, wo eine Tasche von ihm waere. Etwas ungehalten antworten GH und ich, dass sie schon erscheinen wird. Ich denke natuerlich, dass AB schon wieder eine Zahnbuerste vermisst. Peter meldet sich und kommt nun auch hierher zum Bahnhof. Irgendwie schaft der GH alle Fahrraeder, auch in Hinblick auf das Ausliefern (Hamburg/Lehmfoerde/Muenster/Koeln), im Bus reinzukriegen. Die Laufraeder liegen auch etwas durcheinander. Wir fahren nun zu 4 in der Kabine des Buses zur Faehre und kommen noch rechtzeitig an. Die Faehre hat aber Verspaetung und wir muessen etwa 1 Stunden warten. Rein ins Schiff, ich nehme noch eine Cola mit in der Tasche, zur Schiffskabine, AB ist noch ungewaschen und im Radfahrerkostuem. GH zeigt uns sein Arsch, wo der Sattel richtig zu sehen ist, rot aufgescheuert wo er gesessen hat. Peter kauft im TaxFree ein sechser Pack Bier (ein norwegisches). GH hat von AF 500 NOK bekommen um uns zu bewirten wg. der Unanehmlichkeiten und die Mitarbeit. Damit gehen wir essen; eine Pizza pro Nase und ich trinke (noch) eine Cola (schoen kalt!). Ich habe jetzt relativ starke Schmerzen am linken Knie. Zurueck in die Kabine da ich etwas durstig bin trinke noch ein Bier. Schmeckt ganz gut mit 4,5%. Schlafe gut und lange, aber ich glaube, dass das Bier damit keine Aktien hatte.
Morgens gehe ich mit AB frokost machen und dann erzaehlt er mir, dass die "Tasche" eigentlich eine Notebooktasche ist und sogar sein Pass da drin ist. Einmal im Bus spreche ich GH an wg. ABs Tasche. Einmal in Deutschland ruft GH AF an und fragt nach der Tasche; in HH kommt die Info an, dass er die Tasche nach Koeln mitgenommen hatte weil er dachte, es gehoere einen anderen Radfahrer. Das beruhigt AB.
GH ist muede und faehrt etwas unkonzentriert, ich fahre dann den Bus ab Aarhus mehr oder weniger, bis HH (zu Hause). Wir packen unsere Sachen aus, AB bleibt in HH, er hatte die Idee bis Koeln zu fahren um seine Tasche zu suchen, nun weiss er wo sie ist und bleibt ruhig. Zu Hause trinken wir Kaffee und quatschen ein bisschen. Ich nehme AB mit dem Roller zum HBF und zeige den GH die Strecke zur Autobahn (hoffentlich findet er sie ohne Probleme). Wie dem auch sei, AB ist nicht zufrieden, er hat am Freitag 2,5 Stunden warten muessen um abgeholt zu werden in Trondheim, in Oslo hat er mit der Taxi fahren muessen und seine Tasche mit Computer und Pass ist nach Koeln verfrachtet worden. Von meiner Sicht war alles schon OK, genug Essen (Nudeln + Ketchup) und genug Wasser und Cola. Auch genug Schokolade. Es war schon alles durchgeplant, dass es immer Zwischendurch etwas Neues passiert, ist normal und trotzdem ist alles gut gelaufen (zumindest am Ende).
Dienstag schlafe ich auch tagsueber etwas, bin ziemlich muede. Auch am Mittwoch bin etwas muede, die Beine tun schon fast weh. Die Schmerzen am Knie sind gleicher Natur wie die sonst in der A-Sehne: wenn ich auf die Hocke gehe, macht die Sehne am Knie "krick-krick". Die 2 Tage nach der Reise habe ich gut gebraucht. Ich telefoniere mit AB und CB. Lese und arbeite am Computer diese Tagen.



Lessons Learned:
* Es ist etwas bloed mit einer Gruppe zu fahren, i.A. verliert man viel Zeit mit den Menschen, man verzettelt sich und man hat eigentlich keine Zeit fuer sich selber.
* Bei Fahrten ueber mehr als ein Tag sollte ich etwa eine Stunde (oder nmehr) zum Schlafen einplanen.
* Eine Woche Erholungszeit scheint auszureichen, wenn man sich "aktiv" erholt.

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